Resilienz
Wie können wir Resilienzförderung in die Arbeit mit psychisch Erkrankten integrieren?
Resilienz bedeutet die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und aus ihnen gestärkt hervorzugehen. Es geht dabei nicht nur um das Überwinden von Schwierigkeiten, sondern auch um die Entwicklung von Stärken und positiven Emotionen, die es ermöglichen, besser mit Stress und Belastungen umzugehen. In der Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen ist es wichtig, diese Fähigkeiten zu stärken und zu fördern.
Im Kontext psychischer Erkrankungen ist Resilienz besonders wichtig. Resiliente Personen sind besser in der Lage, mit den Symptomen und Herausforderungen psychischer Erkrankungen umzugehen. Sie können effektiver Copingstrategien entwickeln, positive Emotionen auch in schwierigen Situationen erleben und ein stärkeres Gefühl von Sinn und Bedeutung im Leben aufrechterhalten. Dies kann dazu beitragen, den Verlauf psychischer Erkrankungen positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Der wohl bekannteste und am besten erforschte Ansatz zur Förderung von Resilienz ist das Resilienzprogramm der University of Pennsylvania (UPenn). Obwohl es nicht speziell für die Soziale Arbeit entwickelt wurde, lassen sich viele Prinzipien und Übungen auf unsere Tätigkeitsbereiche übertragen.
Das Resilienzprogramm zielt darauf ab, spezifische Fähigkeiten und Ressourcen zu stärken, die die psychische Widerstandsfähigkeit fördern. Dazu gehören beispielsweise die Kultivierung von Dankbarkeit, die Entwicklung optimistischer Denkweisen, die Stärkung sozialer Beziehungen und die Förderung von Achtsamkeit.
Durch die Anwendung dieser Techniken können unsere Klient*innen lernen, besser mit Rückschlägen umzugehen, ihre Stärken zu nutzen und eine positivere Lebenseinstellung zu entwickeln, was letztendlich zu einer verbesserten psychischen Gesundheit und einem gesteigerten Wohlbefinden führen kann.
Praktische Übungen zur Resilienzförderung
Die folgenden Übungen sind darauf ausgerichtet, Dein psychisches Wohlbefinden zu stärken und Deine Selbstreflexion zu fördern.
Erst nachdem Du die Übungen selbst praktiziert und deren Nutzen erkannt hast, solltest Du diese an Deine Klient*innen weitergeben. Deine persönlichen Erfahrungen werden Dir dabei helfen, die Übungen besser zu erklären, auf Fragen einzugehen und Deine Klient*innen gezielter zu unterstützen.
Beachte, dass jeder Mensch individuell ist und die Übungen möglicherweise angepasst werden müssen, um den spezifischen Bedürfnissen Deiner Klient*innen gerecht zu werden. Deine eigene Praxis wird Dir wertvolle Einsichten geben, wie Du die Übungen flexibel gestalten kannst.
Übung 1: Dankbarkeitstagebuch
Diese Übung hilft, den Fokus auf positive Aspekte des Lebens zu lenken:
Besorge Dir ein Notizbuch oder Heft.
Schreibe jeden Abend vor dem Schlafengehen drei Dinge auf, für die Du an diesem Tag dankbar bist. Die Einträge können klein oder groß sein, z.B. "Ich bin dankbar für das leckere Mittagessen" oder "Ich bin dankbar, dass ich heute einen schwierigen Konflikt lösen konnte".
Schreibe auch auf, warum Du für diese Dinge dankbar bist. Z.B. “weil mich leckeres Essen glücklich macht” oder “weil ich heute mal nicht ausgerastet bin, sondern den Konflikt konstruktiv angehen konnte”.
Führe diese Übung mindestens 21 Tage lang durch.
Du macht mit dieser Übung einen wichtigen Schritt, um Deine Lebensqualität zu verbessern. Indem Du Dich täglich auf die positiven Aspekte Deines Lebens konzentrierst, trainierst Du Dein Gehirn, mehr Glück und Zufriedenheit wahrzunehmen. Diese einfache, aber wirkungsvolle Praxis kann Deine Sichtweise nachhaltig verändern und Dir helfen, auch in schwierigen Zeiten das Gute zu erkennen. Bleib dran und lass Dich von den positiven Veränderungen überraschen, die diese Übung in Deinem Leben bewirken kann!
Übung 2: Stärken erkennen und nutzen
Diese Übung hilft, persönliche Stärken zu identifizieren und zu nutzen:
Erstelle eine Liste mit 5-10 persönlichen Stärken.
Wähle jeden Tag eine Stärke aus.
Überlege, wie Du diese Stärke an diesem Tag bewusst einsetzen können.
Notier am Abend, wie Du die Stärke genutzt hast und wie es sich angefühlt hat.
Du schaffst es mit dieser Übung, Deine persönlichen Stärken nicht nur zu erkennen, sondern sie auch aktiv in Deinem Alltag zu nutzen. Das zeigt Dir, wie viel Potenzial in Dir steckt und wie Du es gezielt einsetzen kannst, um Deine Ziele zu erreichen. Indem Du jeden Tag eine Deiner Stärken bewusst einsetzt, stärkst Du nicht nur Dein Selbstbewusstsein, sondern schaffst auch positive Veränderungen in Deinem Leben. Bleib dran und nutze weiterhin Deine einzigartigen Fähigkeiten, um Dein volles Potenzial zu entfalten!
Anwendung in der Sozialen Arbeit
In der Sozialen Arbeit können diese Übungen angepasst und in den Alltag integriert werden. Dabei ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Klient*innen zu berücksichtigen.
Eine Möglichkeit, Resilienz in der Gruppenarbeit zu fördern, ist die Durchführung regelmäßiger Treffen, bei denen die oben genannten Übungen gemeinsam durchgeführt und besprochen werden. Dies kann den Austausch und die gegenseitige Unterstützung fördern.
In der Sozialen Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen ist es bekanntermaßen besonders wichtig, einen ressourcenorientierten Ansatz zu verfolgen: Statt sich nur auf die Probleme und Schwierigkeiten zu konzentrieren, sollten die Stärken und Fähigkeiten der Klienten in den Vordergrund gestellt werden. Das Resilienzprogramm unterstützt genau diesen Betreuungsansatz.
Unseres Wissens gibt es keine spezifischen Kontraindikationen für die Resilienzförderung nach dem Programm der University of Pennsylvania (UPenn) für die Arbeit mit Menschen mit psychischen Erkrankungen. Im Gegenteil, die Forschung deutet darauf hin, dass Resilienztraining potenzielle Vorteile für diese Zielgruppe haben kann. Obwohl keine direkten Kontraindikationen bekannt sind, sollten einige Aspekte berücksichtigt werden:
Individuelle Anpassung: Das Training sollte an die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Teilnehmer angepasst werden.
Professionelle Begleitung: Die Durchführung sollte unter der Aufsicht von geschulten Fachkräften erfolgen, insbesondere bei schweren psychischen Erkrankungen.
Ergänzung zur Behandlung: Resilienztraining sollte als Ergänzung und nicht als Ersatz für bestehende Behandlungen verstanden werden.
Das Resilienztraining nach dem UPenn-Programm für Menschen mit psychischen Erkrankungen kann potenziell nützlich sein, wenn es sorgfältig und unter professioneller Anleitung durchgeführt wird. Es sollte jedoch als Teil eines umfassenden Behandlungsansatzes betrachtet werden und nicht als alleinige Intervention.
Die Förderung von Resilienz in der Sozialen Arbeit mit Menschen, die unter schweren psychischen Erkrankungen leiden, kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung ihrer Lebensqualität leisten. Durch die Anwendung von Übungen und Prinzipien aus Resilienzprogrammen wie dem der UPenn können Sozialarbeiter*innen ihre Klienten*innen dabei unterstützen, Krisen besser zu bewältigen und ihre persönlichen Stärken zu entwickeln.
Online-Kurs
Der Kurs "Positive Psychologie und Resilienz" wird von der University of Pennsylvania auf Coursera angeboten. Er befasst sich mit Konzepten und Forschungsergebnissen aus der positiven Psychologie, um Resilienz und persönliches Wohlbefinden zu fördern.
Zu den behandelten Themen gehören Stärken, positive Emotionen, Engagement, Beziehungen, Sinn und Leistung. Der Kurs vermittelt praktische Strategien und Übungen, um die eigene Resilienz zu stärken und mit Herausforderungen besser umgehen zu können. Teilnehmer*innen lernen, wie sie ihre Stärken identifizieren und nutzen, positive Emotionen kultivieren, Beziehungen verbessern und mehr Sinn und Erfüllung im Leben finden können. Ziel ist es, die psychische Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und ein erfüllteres Leben zu führen.
Der Kurs richtet sich an alle, die ihre persönliche Entwicklung und ihr Wohlbefinden verbessern möchten und ist ein guter Ausgangspunkt, tiefer in die Resilienzförderung in der Sozialen Arbeit einzusteigen.
https://www.coursera.org/learn/positive-psychology-resilience
Literatur
Reivich, K. & Shatté, A. (2002). The resilience factor: 7 essential skills for overcoming life's inevitable obstacles. Broadway Books.
Das ist das Standardwerk zum Resilienzprogramm an der UPenn, leider nur in Englisch verfügbar - dennoch: sehr empfehlenswert! Außerdem sind auf Englisch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zum Thema erschienen.
In deutscher Sprache gibt es keine direkte Literatur zum Resilienzprogramm der UPenn, aber es existieren einige relevante Werke, die sich mit Resilienz und positiver Psychologie befassen und teilweise auf die Arbeit von Karen Reivich und ihren Kolleg*innen Bezug nehmen. Bitte beachte, dass diese Werke nicht direkt das UPenn-Programm behandeln, sondern allgemein das Thema Resilienz in der deutschsprachigen Literatur abdecken. Du kannst jedoch wertvolle Einblicke in die Anwendung von Resilienzkonzepten im deutschsprachigen Raum bekommen:
Bengel, J. & Lyssenko, L. (2012). Resilienz und psychologische Schutzfaktoren im Erwachsenenalter: Stand der Forschung zu psychologischen Schutzfaktoren von Gesundheit im Erwachsenenalter. BZgA.
Fröhlich-Gildhoff, K. & Rönnau-Böse, M. (2019). Resilienz (5. Aufl.). Ernst Reinhardt Verlag.
Wellensiek, S. K. (2017). Handbuch Resilienz-Training: Widerstandskraft und Flexibilität für Unternehmen und Mitarbeiter. Beltz.
Hammelstein, P. & Roth, M. (2014). Resilienz - Grundlagen und Anwendungsfelder. In M. A. Wirtz (Hrsg.), Dorsch - Lexikon der Psychologie (18. Aufl., S. 1344-1346). Hogrefe.
Masten, A. S. (2018). Resilienz: Modelle, Fakten & Neurobiologie. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. Junfermann Verlag.
Gruhl, M. (2014). Die Strategie der Stehauf-Menschen: Krisen meistern mit Resilienz (2. Aufl.). Kreuz Verlag.
Berndt, C. (2015). Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out. dtv.
Heller, J. (2013). Resilienz: 7 Schlüssel für mehr innere Stärke. Gräfe und Unzer Verlag.